Netzwerktreffen: Abschluss der Themenperiode „Unterstützungsstrukturen für Familien“ und Wahl des Schwerpunktthemas 2024/25 am 17. Oktober 2023

Rund 40 Teilnehmende aus den Mitgliedsorganisationen des Bundesforums Familie kamen am 17. Oktober 2023 im Centre Monbijou in Berlin Mitte zusammen. Inhalt des Netzwerktreffens war die abschließende Reflexion der Themenperiode 2022/23 sowie die Wahl des neuen Schwerpunktthemas für 2024/25.

Elena Gußmann (Bundesforums Familie) eröffnete die Veranstaltung mit einem Rückblick auf die vergangene Themenperiode. Politisch bewegte und beschleunigte Zeiten würden es vielen „leiseren“, aber nicht weniger wichtigen Themen schwermachen, ausreichend in Politik und Gesellschaft wahrgenommen zu werden. In der Arbeit von Unterstützungsstrukturen für Familien seien es aber gerade diese weniger schnellen und weniger lauten Aspekte wie Partizipation, Verbindlichkeit und Nachhaltigkeit, die den Unterschied machten. Für diese Hartnäckigkeit und Geduld erfordernden Themen brauche es mehr Aufmerksamkeit, aber auch Wissen.

Die inhaltliche Bearbeitung im Rahmen der Themenperiode sei durch die enorme Bandbreite und Heterogenität der Familienunterstützung anspruchsvoll gewesen. Im Laufe der zwei Jahre seien die Mitglieder des Bundesforums Familie mit drei Fachforen und zwei zusätzlichen Workshops zum Thema „Empowerment“ und „Sprachsensibilität“ dennoch zu einem guten fachlichen Austausch gelangt. Ein Anliegen des abschließenden Netzwerktreffens sei es, den zurückliegenden Diskussionsprozess mit zwei netzwerk-externen Sichtweisen zu betrachten, weshalb je ein*e Vertreter*in aus der Volkswirtschaft und der politischen Praxis eingeladen wurde. Die im Laufe der Themenperiode erarbeiteten zentralen Thesen könnten durch diese Blickwinkel nochmals überprüft und gegebenenfalls ergänzt werden, um die formulierte politische Argumentation zu stärken.

Teilnehmende diskutierenDie Geschäftsstelle des Bundesforums bedankte sich bei den beteiligten Vertreter*innen der Ad-Hoc-AGs für die engagierte Vor- und Nachbereitung der Veranstaltungen. Die gesammelten Ergebnisse des gemeinsamen Prozesses werden bis voraussichtlich Anfang des Jahres 2024 in Form einer Publikation veröffentlicht und an alle Mitgliedsorganisationen verschickt.

Impuls: Volkswirtschaftliche Perspektive auf die präventiven Effekte der Familienunterstützung

Die volkswirtschaftliche Perspektive auf die präventiven Effekte der Familienunterstützung stellte Dr. Wido Geis-Thöne vom Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) dar. Er betonte, dass Beratung, Begleitung und spezifische Hilfen für Familien in Konfliktsituationen darauf zielten, das Wohlergehen, die Gesundheit und die Leistungsfähigkeit von Eltern zu erhalten und eine gute Entwicklung von Kindern zu ermöglichen. Dieser präventive Ansatz hätte nicht nur für die Familien individuell positive Folgen, sondern führe auch volkswirtschaftlich langfristig zu Einsparungen im Gesundheits-, Bildungs- und Sozial- und Arbeitsmarktsystem führe. Beispielsweise würden Kinder, die psychisch und physisch gesund seien, im Bildungssystem zurechtkommen, ein stabiles soziales Netzwerk aufbauen, sich später besser am Arbeitsmarkt positionieren und Arbeits- und Innovationskraft aufbringen. Gelinge langfristige positive Entwicklung der Kinder, würden auch deren Kinder und Enkelkinder davon profitieren.

Problematisch für die politische Entscheidungsfindung seien jedoch vor allem zwei Faktoren: Zum einen seien diese ökonomischen Effekte nur schwer mit konkreten Zahlen unterlegbar. Ein Grund dafür sei, dass sich familienpolitische Maßnahmen auf Eltern und deren Beziehungen innerhalb und außerhalb der Familie auswirkten. Gerade weil Familien als integrales Element der Gesellschaft so vernetzt seien, habe die Forschung hier Schwierigkeiten. Zudem seien Unterstützungsleistungen oft an Schnittstellen von Familien- und anderen Politiken und könne daher nicht eindeutig zugeordnet werden. Ebenso sei nicht messbar, wie die  Entwicklung eines Kindes / einer Person ohne die Inanspruchnahme einer familiären Unterstützungsleistung erfolgt wäre. Trotz dieser starken Einschränkungen könnten dennoch einzelne fiskalischer Effekte familienpolitischer Leistungen ermittelt werden.

Zur Präsentation von Dr. Wido Geis-Thoene bitte auf das Bild klicken, PDF öffnet sich im Browser

Als zweiten wichtigen Punkt für die zu geringe Bereitschaft für entsprechende Investition in präventive Unterstützungsstrukturen hob Geis-Thöne hervor, dass es in der Tagespolitik eine dominierende Gegenwartspräferenz und die auf die Ausgaben im jeweiligen Haushalt verengte Perspektive gebe: Ausgaben für präventive familienunterstützende Maßnahmen würden zum einen in der Gegenwart anfallen und zum anderen überwiegend von den Kommunen getragen. Von zukünftigen Mehreinnahmen bzw. reduzierten Ausgaben würden jedoch oft die Sozialversicherungen und der Bundeshaushalt profitieren. Die Mittel stünden damit den Kommunen selbst nicht wieder zur Verfügung. Mit dem Wissen um diese Effekte müsse man sich um passende Ausgleichsmechanismen bemühen.

Geis-Thöne betonte zusammenfassend, dass die positiven Effekte von präventiver Familienunterstützung zwar vorhanden, jedoch nicht ausreichend quantifizierbar seien. Insofern seien qualitative Argumentationen und die Beforschung ganz konkreter Maßnahmen umso relevanter.

Impuls: Implementierung präventiver familienunterstützender Maßnahmen aus der Perspektive der politischen Praxis – das Beispiel Berlin

 Marianne Burkert-Eulitz, Sprecherin für Familie und Bildung der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus, stellte den Prozess zur Entwicklung des Berliner Familienfördergesetzes vor, das zahlreiche präventive Maßnahmen beinhalte. Zu beachten sei jedoch, dass Berlin durch seine Funktion als Stadtstaat Vorteile gegenüber Flächenländern habe. Zudem habe Berlin eine hohe Zuzugsquote, wodurch Berlin von der präventiven Unterstützungsarbeit profitiere, die woanders geleistet wurde.

Burkert-Eulitz beschrieb, dass Anfang der 2000er Jahre weder die Familien noch der familiäre Sozialraum in die Jugendhilfe einbezogen worden seien und die Rechtsansprüche auf Jugendhilfe oft schwer umsetzbar waren. Im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg sei damals eine bezirksweite Arbeitsgemeinschaft gegründet als auch Qualitätszirkel zwischen Jugendamt und einzelnen Einrichtungen initiiert worden. Insgesamt seien ca. vier Mio. Euro in den Bereich der Familienunterstützung investiert worden.

Die Herausforderung sei gewesen, diese erfolgreichen Ansätze auf die Landesebene zu übertragen – auch, weil die Bedarfs- und Haushaltslage der Bezirke sehr heterogen sei. Dennoch sei ein Familienfördergesetz partizipativ erarbeitet worden, das unter anderem Anreize für Bezirke vorsieht, die sich selbstständig um die Umsetzung zu bemühen. So würden beispielweise in Kreuzberg Familienservicebüros bei Hort- und Kita-Anträgen unterstützen, in Mitte würde zu Fragen zur Familienkasse beraten. In das Gesetz einbezogen seien auch weitere Bereiche wie Elternbegleitung und Stadtteilmütter. Einige Familienzentren seien an Grundschulen angesiedelt. Um den unterschiedlichen Ausgestaltungen gerecht zu werden, sei 2020 ein „Flexibudget“ eingeführt worden, mit dem bedarfsorientierte Schwerpunktsetzungen auf Bezirksebene finanziert werden können.

Burkert-Eulitz hob hervor, dass das Familienfördergesetz in der öffentlichen Wahrnehmung wenig präsent gewesen sei, so. Dennoch – oder vielleicht gerade deshalb – werde es fraktionsübergreifend mitgetragen. Auch aktuell sei es Ziel, Regelungen, die zugleich verbindlich und flexibel seien, im Gesetz zu verankern. So soll unabhängig von den jeweiligen haushaltspolitischen Bedingungen dauerhaft die Stärkung von Familien finanziert werden.

Diskussion

 In den Diskussionen wurde betont, welche sozialen und finanziellen Argumente hilfreich sein könnten, eine frühzeitige Familienunterstützung zu etablieren. Ein Beispiel seien die hohen Kosten, die bei einer Inobhutnahme bei Kindeswohlgefährdung entstehen würden. Hervorgehoben wurde, dass je jünger die Familien seien und je früher diese kontaktiert würden, desto offener seien sie in der Annahme von unterstützenden Angeboten. Infrage gestellt wurde, ob eine kommunale Aufsichtsbehörde, die eine Umsetzung des gesetzlichen Auftrags sicherstellt, sinnvoll sein könnte. Eingeworfen wurde, dass unklar sei, wer die Rechtsansprüche einklage. Fraglich sei auch, wie mit der Einklagbarkeit umgegangen werden sollte, wenn entsprechende finanzielle Mittel fehlten. Andererseits würden Mittel die beim Bund bereitstünden, durch die Länder und Kommunen häufig nicht abgerufen. Das Beispiel Berlin sei positiv, durch die besonderen Voraussetzungen jedoch nicht einfach 1 zu 1 auf Flächenländer übertragbar. Als zentral wurde gesehen, wie sich die geteilte Verantwortung zwischen Bund, Ländern und Kommunen auch in den Strukturen sinnvoller abbilden ließe. Betont wurde dabei, dass der Bund hier noch mehr als Partner für Länder und Träger auftreten solle.

Wahl des Schwerpunktthemas für 2024/25

Im zweiten Teil des Netzwerktreffens stand die Wahl des neuen thematischen Schwerpunktes im Mittelpunkt. Elena Gußmann stellte den Auswahlprozess vor: Im Vorfeld wurden mehr als 40 Themenvorschläge von den Mitgliedsorganisationen eingereicht. Diese wurden durch den Beirat des Netzwerktreffens gesichtet und geclustert. Dabei wurden Querschnittsfelder identifiziert, die unabhängig von der Wahl bei jeder Thematik berücksichtigt werden sollten: 1) Armut, Ungleichheit und soziale Disparitäten, 2) Gesundheitliche Auswirkungen von Problemlagen, 3) Diversität von Familien und Intersektionalität, 4) Das Einnehmen einer selbstreflexiven Perspektive, 5) Bezug auf die europäische Ebene. Folgende vier Themenvorschläge wurden von Themenpatinnen aus den Mitgliedsorganisationen vorgestellt:

  1. Familien im Klimawandel
  2. Inklusion – Familiale Lebenszusammenhänge und ihre politische und gesellschaftliche Teilhabe
  3. Familien in der digitalen Welt
  4. Vereinbarkeit und Zeitpolitik: Sorgearbeit, Lohnarbeit, Ehrenamt
Diskussion "Familien im Klimawandel"
Diskussion "Familien im Klimawandel"
Diskussion "Inklusion"
Diskussion "Inklusion"
Diskussionsergebnisse
Diskussionsergebnisse
Diskussion "Vereinbarkeit & Zeitpolitik"
Diskussion "Vereinbarkeit & Zeitpolitik"
Diskussion "Digitalisierung"
Diskussion "Digitalisierung"
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Nach einer Kleingruppenphase, in der alle Teilnehmenden jedes Thema kurz andiskutierten, wählten die Vertreter*innen den neuen Schwerpunkt: Familien im Klimawandel. Elena Gußmann verabschiedete sich von der Runde mit dem Ausblick, die zahlreichen Anregungen aus der Diskussion dazu zu nutzen, in Abstimmung mit dem Beirat einen spannenden Fahrplan für die neue Themenperiode zu entwerfen.

Fotos: Holger Agolph |  AGF

16. November 2024, Mainz: „Elternmitwirkung – Kinder und Demokratie stärken durch Partizipation“ Bundeselternkonferenz der BEVKi

Eine Veranstaltung der Bundeselternvertretung der Kinder in Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege (BEVKi) in Kooperation mit dem Landeselternausschuss der Kindertagesstätten in Rheinland-Pfalz (LEA RLP)

16. November, 09:00 bis 17:00 Uhr in Mainz

Die Veranstaltung schlägt eine Brücke zwischen allen Beteiligten in der frühkindlichen Bildung,Betreuung und Erziehung (FBBE). In diesem Rahmen sollen die zahlreichen aktuellen Herausforderungen sichtbar gemacht, über sie diskutiert und Lösungen erarbeitet werden.

Der Bundeselternkongress richtet sich an alle Engagierten im Bereich der Kindertagesbetreuung: Eltern und Elternvertretungen, Fachkräfte, Trägerorganisationen, Expertinnen und Experten aus der Wissenschaft, Politikerinnen und Politiker sowie die interessierte Öffentlichkeit.

Der Kongress lädt alle Haupt- und Ehrenamtlichen im Bereich der FBBE zu Austausch, Vernetzung und Mitwirkung ein. Ein vielfältiges Angebot an Fachvorträgen und Workshops bietet adäquate Möglichkeiten, sich zu beteiligen und neue Erkenntnisse zu gewinnen.

Nähere Informationen zu Programm und Anmeldung erhalten Sie in den kommenden Wochen auf der Webseite der BEVKi.

Neuer Schwerpunkt für Themenperiode 2024/2025 gewählt: „Familien und Klima“

Vertreter*innen aus den Mitgliedsorganisationen wählten im Rahmen des diesjährigen Netzwerktreffens des Bundesforums Familie am 17. Oktober 2023 das Thema  „Familien und Klima“ zum neuen inhaltlichen Schwerpunkt für 2024/2025.

Im Vorfeld des Netzwerktreffens hatten Mitgliedsorganisationen über 40 Themenvorschläge eingereicht.

Ein Veranstaltungsbericht sowie eine Einladung zum Kick-Off-Meeting, das Weichen für die inhaltliche Bearbeitung der Thematik durch das Bundesforum Familie stellen wird, finden Sie in Kürze ebenfalls auf dieser Website.

18. Oktober 2024, Berlin: „Friedens- und Konfliktfähigkeit von Kindern“ Jahrestagung Deutsche Liga für das Kind

Im Jahr 2022 haben weltweit 238.000 Menschen durch Kriege und bewaffnete Konflikte ihr Leben verloren, so viele wie seit 30 Jahren nicht mehr. 2023 starben 8.352 Menschen allein durch Terroranschläge, 22 Prozent mehr als noch im Jahr davor. In Deutschland nimmt die Zahl der rassistischen, antisemitischen und anderen politisch motivierten Straftaten seit Jahren kontinuierlich zu.

Gewalt an Schulen ist an der Tagesordnung: Mehr als die Hälfte aller Kinder und Jugendlichen erlebt in der Schule Ausgrenzung, Hänseleien oder körperliche Gewalt, etwa ein Viertel fühlt sich in der Schule nicht sicher. Mehr als 1,8 Millionen Schüler:innen sind von Cybermobbing betroffen. Zwei Drittel der Lehrkräfte und Schulleitungen haben in den fünf Jahren zuvor psychische Gewalt durch Schüler:innen erlebt, z. B. in Form von Beleidigungen, Bedrohungen oder Belästigungen. Wohl jede vierte bis fünfte Interaktion von pädagogischen Fach- bzw. Lehrkräften gegenüber Kindern in Kitas und Grundschulen weist verletzenden Charakter auf.

Grenzüberschreitungen kommen in Bildungseinrichtungen also zwischen Kindern vor, gehen von Erwachsenen gegenüber Kindern aus und von Kindern gegenüber Erwachsenen. Was ist angesichts dieser Situation zu tun?

Was verstehen wir überhaupt unter Friedens- und Konfliktfähigkeit von Kindern? Welche Kompetenzen benötigen Kinder und Erwachsene, um friedens- und konfliktfähig zu sein, und welche Rolle spielt Demokratie- und Menschenrechts-Bildung in Kita und Schule? Werden Konflikte, Ausgrenzung und Übergriffe zwischen Kindern pädagogisch überhaupt begleitet und wenn ja, in welcher Art? Wie erleben die Kinder das? Wie können wir mit Kindern über Menschenrechte, Diskriminierung, Gewalt, Flucht und Krieg sprechen, wo wir doch selbst vor diesen Themen oft kapitulieren?

Die interdisziplinäre Jahrestagung richtet sich insbesondere an alle Fachkräfte, die mit Kindern und Familien arbeiten, an Studierende und Auszubildende in diesem Feld, an Verantwortliche in Politik, Justiz und Verwaltung und an alle am Thema Interessierten.

In Kooperation mit dem Wissenschaftszentrum Berlin
Schirmherrin: Katrin Göring-Eckardt

Weitere Informationen und die Möglichkeit zur Anmeldung finden Sie hier

16. Oktober 2024, Berlin: Netzwerktreffen des Bundesforums Familie

16. Oktober 2024 | 10:30 – 16:00 | Centre Monbijou Berlin

Welche Familien tragen die Lasten der Klimakrise und wie können Klimageld und andere politische Instrumente diese Last gerechter verteilen? Inwiefern steckt in der notwendigen Transformation nicht nur eine Mehrbelastung, sondern eine Chance für Familien?

Wir alle sind vom Klimawandel betroffen. Kurzfristig jedoch treffen die Auswirkungen des Klimawandels – seien es finanzielle, gesellschaftspolitische oder gesundheitliche – nicht alle gleich. Über „Familien und Klima“ lässt sich kaum nachdenken, ohne anzuerkennen, dass unterschiedliche Familien mit unterschiedlichen Perspektiven auf den Klimawandel blicken und unterschiedlich viel Last, auch die Last anderer Krisen, zu tragen haben – obwohl gerade einkommensschwächere Familien weit weniger zur Erderwärmung beitragen. Wie transformationsbereit, wie besorgt oder wie belastet Familien sind, hat maßgeblich mit sozioökonomischen Verhältnissen und der politischen Grundorientierung zu tun.

In welchen Familien wird das Thema auf welche Weise diskutiert? Was schafft Akzeptanz, was Abwehr von Klimaschutzmaßnahmen? Wie gelingt es, dass sich existierende soziale Disparitäten nicht weiter verschärfen? Konkrete politische Maßnahmen wie das Klimageld sollen helfen, Mehrkosten und Preissteigerungen auszugleichen und insbesondere Familien mit kleinen und mittleren Einkommen ganz konkret in ihrem Alltag zu entlasten. Welche Maßnahmen stehen an und wie steht es um deren Umsetzung? Wie können sich familienpolitische Akteure im Diskurs sinnvoll positionieren?

Wir freuen uns darauf, diese Fragen gemeinsam mit Ihnen und folgenden Referent*innen zu diskutieren: Prof. Dr. Frank Nullmeier (Universität Bremen, Deutsches Institut für Interdisziplinäre Sozialpolitikforschung [DIFIS]), Dr. Stefan Bach (Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e.V. [DIW]), Gesine Höltmann (Sanktionsfrei e.V.), Jana Holz (Friedrich-Schiller-Universität Jena).

Programm

10:30 Ankommen
11:00 Begrüßung und Einleitung
Elena Gußmann, Geschäftsstelle Bundesforum Familie
11:10 Input: „Wie kann eine Integration von Ökologie- und Sozialpolitik aussehen? – Neue Risiken, Ökosozialversicherung und Politik des Genug“
Prof. Dr. Frank Nullmeier, Universität Bremen, Deutsches Institut für Interdisziplinäre Sozialpolitikforschung (DIFIS)
Anschließend kurzes Q&A
11:40 Input: „Sozialer Ausgleich im Klimaschutz: Wie gelingt die Einführung eines Klimageldes in Zeiten knapper Haushalte?“
Dr. Stefan Bach, Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e.V. (DIW), wissenschaftlicher Mitarbeiter der Abteilung StaatAnschließend kurzes Q&A
12:05 ~ kurze Pause ~
12:10 Impuls: „Klimageld – Wir fangen an!“
Gesine Höltmann, Sanktionsfrei e.V.
12:25 Diskussion
12:45 ~ Mittagessen ~
13:30

 

Input: „Der neue sozial-ökologische Klassenkonflikt?“
Jana Holz, Friedrich-Schiller-Universität Jena, Institut für Soziologie, Nachwuchsgruppe flumen
Anschließend kurzes Q&A
14:00 Antworten auf die öko-soziale Frage?
Diskussion in 2 Workshop-Runden
14:20 Workshop-Runde 1
14:55 ~ Kaffeepause & Gruppenwechsel ~
15:10 Workshop-Runde 1
15:45 Ergebnissicherung und Abschlussrunde
16:00 Ende der Veranstaltung

Informationen zum Tagungsort und zur Anfahrt finden Sie hier.

Das Netzwerktreffen ist Vertreter*innen aus den Mitgliedsorganisationen des Bundesforums Familie vorbehalten. Die Teilnahme ist kostenfrei. Bitte melden Sie sich bis zum 09. Oktober 2024 hier an:

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14./15. Oktober 2024, Berlin: „Gewaltbetroffene Frauen und ihre Kinder – Umsetzung der IK in Deutschland – Vorbilder in Europa?“, Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge

Auf der Fachtagung werden aktuelle Fragen und Entwicklungen zur Umsetzung der Istanbul Konvention in Deutschland behandelt. Hierzu gehören u.a.: Bundesgesetzliche Regelung für ein Recht auf Schutz und Beratung bei häuslicher und geschlechts-spezifischer Gewalt gegen Frauen und ihre Kinder (Gewalthilfegesetz), Ergebnisse des Gutachtens zur Kostenanalyse des Hilfesystems für Schutz und Beratung, Umsetzung einer nationalen Gesamtstrategie der Bundesregierung zur Prävention und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt, Ergebnisse des periodischen Berichts der unabhängigen Berichterstattungsstelle zu geschlechts-spezifischer Gewalt sowie ihre Reformvorschläge zu Umgangs- und Sorgerecht.

Darüber hinaus soll der Blick nach Europa erfolgen und erörtert werden, inwieweit Deutschland bei der Bekämpfung von Gewalt an Frauen von europäischen Ländern lernen kann. Beispielsweise gilt Spanien im internationalen Vergleich als Vorreiter und weist relativ weniger getötete Frauen als andere europäische Länder auf. Es soll ebenso ein Blick in das Nachbarland Österreich geworfen werden. Weitere Themenschwerpunkte werden die EU-Richtlinie zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen sowie das (länderweite) Projekt STOP- Stadtteile ohne Partnergewalt sein.

Eine Podiumsdiskussion zum Thema „Das neue Gewalthilfegesetz – Reaktionen aus der Praxis“ soll Gelegenheit zur Reflektion, Diskussion und zum Austausch über Fragen im Zusammenhang mit dem neuen Gesetz bieten (oder für den Fall, dass bis dahin kein Gesetzentwurf eines Gewalthilfegesetzes vorliegt, der Frage nachgehen, wie Hürden überwunden, wie erreichte Zwischenziele gesichert und begonnene Diskussionen und Strategien verstetigt werden und in die neue Legislatur hinüber gerettet werden können).

Im Austausch mit Politik, Wissenschaft, Praxis und Akteuren des Hilfesystems werden fachliche Grundlagen für erforderliche Maßnahmen bzw. Regelungen, Ideen der Weiterentwicklung, gute Praxisbeispiele sowie Umsetzungsfragen vertieft mit dem Ziel einer kontinuierlichen Weiterentwicklung des Hilfesystems sowie Verbesserung der Lage gewaltbetroffener Frauen und ihrer Kinder.

Weitere Informationen sowie die Möglichkeit zur Anmeldung finden Sie hier.
Es wird um Anmeldung bis zum 13.08.2024 gebeten.

2. Oktober 2024, Berlin: „Chancen schaffen: Mit früher Leseförderung Familien stärken“, Fachtag der Stiftung Lesen

„Chancen schaffen: Mit früher Leseförderung Familien stärken“

So lautet das Motto des ersten großen Lesestart-Fachtags am 2. Oktober 2024 in der Berliner Stadtmission. Treffen Sie hier Netzwerkpartner*innen aus den Lesestart-Modellregionen, diskutieren Sie mit Mitwirkenden aus Kinderarztpraxen und Bibliotheken, mit Vertreter*innen aus Politik und Gesellschaft und sammeln Sie praktische Erfahrungen in verschiedenen Workshops.

Die Veranstaltung ist für Sie kostenfrei. Ihre Reisekosten für die Teilnahme am Fachtag in Berlin sowie eine Übernachtungspauschale werden von der Stiftung Lesen im Rahmen der Reisekostenrichtlinien übernommen.

Es erwartet Sie ein reichhaltiges Tagungsprogramm, u.a. mit…

  • einer Keynote von Professorin Sabine Andresen, Kindheits- und Familienforscherin an der Goethe-Universität Frankfurt (Main) und Präsidentin des Kinderschutzbundes,
  • einer Plenumsdiskussion zum Thema Chancengleichheit und Erreichbarkeit von bildungsbenachteiligten Eltern,
  • Workshops und Gelegenheit zum Austausch und Vernetzen,
  • einem Markt der Möglichkeiten mit Gute-Praxis-Beispielen.

Mehr Infos zu den Workshops und die Möglichkeit zur Anmeldung finden Sie auf der Website der Stiftung Lesen.

28./29. September 2024, Erfurt: „Pädagogische Interaktion zwischen Materialität und Digitalität“ Fachtagung des Pestalozzi-Fröbel-Verbands

Heute wachsen Kinder in materielle wie digitale Welten hinein, die einander zunehmend durchdringen.Die Fachtagung des Pestalozzi-Fröbel-Verbands beleuchtet dieses Spannungsfeld aus theoretischer wie praktischer Perspektive und fragt nach den Auswirkungen auf die Beziehung zwischen Kind und Fachkraft.

Sollen pädagogische Fachkräfte Kinder bei ihren frühen digitalen Medienerfahrungen unterstützen und ihnen im pädagogischen Alltag einen Raum geben?

Welche Fragestellungen ergeben sich daraus für pädagogische Konzeptionen und für die pädagogische Interaktion im Alltag? Individuelle Medienkompetenz wie auch die Einbindung in das pädagogische Konzept des Teams sind wichtige Voraussetzungen. Die Veranstaltung wirft n in diesem Zusammenhang einen kritischen Blick auf die Vielzahl der digitalen Projekte, Angebote und Einsatzmöglichkeiten.

In Vorträgen, Workshops und persönlichen Gesprächen entsteht Raum für einen kritischen Diskurs.

Besonders hingewiesen sei auf die im Rahmenprogramm ausgewählten Kindergärten in Erfurt, die für Sie ihre Türen öffnen und mit Ihnen den hier beschriebenen Fragen aus Praxisperspektive nachgehen wollen.

Teilnahmegebühr: 90,-€ / für pfv-Mitglieder 60,-€
Veranstaltungsort: FH Erfurt, Altonaer Straße 25, 99085 Erfurt

Mehr Informationen finden Sie auf der Website des Pestalozzi-Fröbel-Verbands.

 

 

11./12. September 2024, Wiesbaden: „Von der Verteidigung der Demokratie: Familien als unverzichtbarer Ort der Demokratiebildung“ Fachtagung der evangelischen arbeitsgemeinschaft familie

Unser Zusammenleben in einer demokratischen Gesellschaft steht vor großen Herausforderungen. Immer mehr Menschen gehen auf Abstand zur Idee der Demokratie und stellen deren Werte und Institutionen in Frage. Die damit einhergehenden aktuellen gesellschaftspolitischen Diskussionen und die besorgniserregenden Prognosen für die in diesem Jahr stattfindenden Wahlen haben für uns einmal mehr zwei Fragen aufgeworfen: Wie kann die Rolle von Familien bei der Entwicklung von Demokratieverständnis gestärkt werden? Welche Rolle kommt uns als Familienverband dabei zu?

Im öffentlichen wie privaten Raum ist Demokratiebildung von Anfang an ein unverzichtbarer Pfeiler zur Stabilisierung unseres demokratischen Zusammenlebens. Als evangelischer Familienverband wollen wir uns im Rahmen unserer wissenschaftlichen Jahrestagung mit der fundamentalen Rolle von Familien in diesem Feld beschäftigen und dabei verschiedene Lebensphasen und -fragen im Zyklus einer
Familie in den Blick nehmen: Wie, wann und wo findet Demokratiebildung in Familien statt? Was brauchen Familien, um diese wichtige Aufgabe gut erfüllen zu können? Wo und wie erleben Jugendliche heute Demokratie? Und nicht zuletzt: Wie stärken wir Familien und damit unsere Demokratie, um für die Zukunft gewappnet zu sein?

Das ausführliche Programm und die Möglichkeit zur Anmeldung finden Sie auf der Website der evangelische arbeitsgemeinschaft familie.

10. September 2024, Berlin: „Dialogabend – eine Initiative für Qualität in der Kinderbetreuung“, AWO Bundesverband e.V., Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft und KTK-Bundesverband

Trotz erneuter Deklaration und einem „Schulterschluss für mehr Qualität in der Kindertagesbetreuung“ mit den Ländern ist es immer noch nicht gelungen, dass sich der Bund durch eine auskömmliche, dauerhafte und damit verlässliche Mitfinanzierung an der Strukturqualität und damit Schaffung guter Rahmenbedingen in der Kindertagesbetreuung einsetzt.
Seit mehr als zehn Jahren steht unser Bündnis für mehr Qualität in der Kindertagesbetreuung mit der Forderung nach bundeseinheitlichen und strukturellen Standards für die frühe Bildung.

Gemeinsam möchten wir die Chance nutzen, für eine Verbesserung der prekären Situation in der frühkindlichen Bildung, Betreuung und Erziehung einzustehen und politische Entscheidungsträger*innen erneut auf ihre Verantwortung hinzuweisen.
An diesem Abend möchten wir deshalb mit Ihnen und euch einen pointierten Blick auf die Lage in der Kindertagesbetreuung werfen.

Es freut uns ganz besonders, dass wir Prof. Dr. h.c. Jutta Allmendinger für einen Kommentar gewinnen konnten und wir an diesem Abend an einem so besonderen Ort zusammenkommen: in einer Berliner Kita.

Weitere Informationen und die Möglichkeit zur Anmeldung finden Sie hier
Es wird um Anmeldung bis zum 03.09.2024 gebeten.

06. September 2024, online: Impulsworkshop „Auswirkungen des Klimawandels auf die psychische Gesundheit im Familienalltag“

mit Katharina van Bronswijk – Psychologin, Sprecherin der Psychologists and Psychotherapists for Future und Autorin des Buchs „Klima im Kopf: Angst, Wut, Hoffnung: was die ökologische Krise mit uns macht“ (oekom 2022).

„Climate change is a psychological crisis, whatever else it is“ (Poulsen, 2018). Der Klimawandel ist nicht nur eine politische, technische und wirtschaftliche Herausforderung, sondern greift auch in den emotionalen und psychischen Alltag von Familien ein. Die Belastung durch Nachrichten von einer sich immer mehr entfaltenden Klimakrise spielen hier ebenso eine Rolle wie deren unterschiedliche Wahrnehmung und Einordnung der Lage durch die Familienmitglieder. Der unterschiedliche Umgang mit dem Klimawandel kann zum Identifikations- oder Streitpunkt werden. Aspekte wie Generationengerechtigkeit, Zukunft, Schuld, Verantwortungsübernahme und kognitive Dissonanz werden im Familienalltag präsent. Gerade unter Jugendlichen wird die Sorge immer häufiger zu einer permanenten Angst mit gesundheitlichen Folgen (Depression, Angststörungen, psychosomatische Beschwerden). Aber auch Fachkräfte sehen sich mit psychischen Herausforderungen konfrontiert.

Die Veranstaltung diskutiert Dimensionen der Auswirkungen des Klimawandels auf Psyche und emotionalen Haushalt und lädt zum Austausch über mögliche Handlungsansätze für und in Familien und familiennahen Institutionen ein.

Freitag, 06. September 2024, 10:00-12:00, online

09:55 Ankommen im digitalen Raum
10:00 Begrüßung
10:10 Input Katharina van Bronswijck
10:40 Rückfragen
10:50 Breakout-Rooms – Runde 1 |  #Halt – Familien als „Resilienzräume“
11:05 Breakout-Rooms – Runde 2 |  #Transformation – Familien als „change agents“
11:20 Diskussion in großer Runde

 

Bitte melden Sie sich zur Veranstaltung bis zum 03. September 2024 an.

Die Teilnahme ist kostenfrei und den Vertreter*innen unserer Mitgliedsorganisation vorbehalten.

Netzwerktreffen des Bundesforums Familie am 17. Oktober 2023

17. Oktober 2023 | 10:30–16:00 | Centre Monbijou Berlin

Die diesjährige Netzwerktagung des Bundesforum Familie kombiniert Reflexion und Ausblick. Am Vormittag wird die aktuelle Themenperiode sowohl rekapituliert als auch inhaltlich abgerundet. Im zweiten Teil am Nachmittag wollen wir uns der neuen Schwerpunktsetzung für 2024/25 widmen.

Vormittag: Abschluss der Themenperiode 2022/23

Zwei Jahre hat sich das Bundesforum Familie mit dem Thema „Unterstützungsstrukturen für Familien“ beschäftigt. Dabei wurden unter anderem die Bundes-, Landes- und die kommunale Ebene berücksichtigt und die ökonomischen, strukturellen und sozialen Perspektiven beleuchtet. Die Themenperiode zeigte die Bedeutung einer flächendeckenden, partizipativen und verbindlichen Angebotsstruktur für Familien – dazu gehören Familienzentren genauso wie Beratungsstellen und Angebote der Familienbildung. Als ein zentrales Element wurde die Stärke von Heterogenität gesehen – sowohl bei der Arbeit mit Familien, als auch innerhalb der Strukturen. Dies braucht jedoch viel Aufmerksamkeit sowie finanzielle und personelle Zuwendung. Dass es trotz des langfristigen gesellschaftlichen Vorteils gerade die Finanzierung der präventiven Maßnahmen sind, bei denen allzuoft eingespart wird, ist eine zentrale Diagnose der Themenperiode. Zum Abschluss der Themenperiode soll daher weiter intensiviert und diskutiert werden, wie und mit welchen Argumenten in Zeiten knapper Haushaltskassen präventive Unterstützungsleistungen für Familien gesichert werden können.

Als Diskussionsimpuls wird Dr. Wido Geis-Thöne (Institut der Deutschen Wirtschaft, Köln) aus volkswirtschaftlicher Perspektive einen Blick auf Prävention in der Familienunterstützung werfen. Zudem wird Marianne Burkert-Eulitz (Sprecherin für Familie und Bildung der Grünen in der Berliner Abgeordnetenhausfraktion) sowohl darüber sprechen, wie Haushaltsentscheidungen in der Praxis getroffen werden, als auch darüber, wie sich die fehlenden Mittel in einem Bezirk konkret kurz- und langfristig auswirken. Anschließend wird einer gemeinsamen Diskussion Raum gegeben.

Nachmittag: Wahl des neuen Themas für den Zeitraum 2024/25

Am Nachmittag wird entschieden, welches neue Thema das Bundesforum in den nächsten zwei Jahren begleiten wird. Hier werden wir, wie in den vergangenen Jahren, an vier Themenwänden über die vom Beirat aus den eingereichten Vorschlägen vorsortierten Themenbereiche diskutieren und im Anschluss darüber entscheiden.

Die Teilnahme ist Vertreter*innen der Mitgliedsorganisationen vorbehalten. Die Teilnahme ist kostenlos. Klicken Sie hier für Informationen zur Anfahrt.

Ablauf

10:30  Ankommen und Begrüßungskaffee
11:00 Begrüßung, Organisatorische und inhaltliche Einleitung
11:15 Abschluss der Themenperiode 2022/23
Diskussionsimpuls I: Volkswirtschaftlicher Blick
Referent: Dr. Wido Geis-Thöne
(Institut der deutschen Wirtschaft, Köln)
Diskussionsimpuls II: Blick aus der politischen Praxis
Referentin: Marianne Burkert-Eulitz
(Sprecherin für Familie und Bildung der Grünen in der Berliner Abgeordnetenhausfraktion)
Abschlussdiskussion: „There is no glory in prevention?”
12:45 Mittagsimbiss 
13:45 Wahl des thematischen Schwerpunkts für die Themenperiode 2024/2025
Vorstellung der Vorschläge
Kleingruppendiskussionen an vier Themenwänden, 4 Runden à 15 min
15:15 Kaffeepause
15:30 Abstimmung
15:45  Verkündung des neuen Themenschwerpunkts, Impulsrunde & Ausblick
16:00  Ende der Veranstaltung

Anmeldung

Bitte melden Sie sich bis zum 09. Oktober 2023 an.

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Fachforum am 16. Mai 2023: „Familienunterstützung finanzieren: Rahmenbedingungen, Umsetzungen, Ziele“

16.05.2023, Berlin | Das dritte und letzte Fachforum der Themenperiode „Unterstützungsstrukturen für Familien – Wege zu wirksamen Angeboten“ fand am 16. Mai 2023 im Festsaal der Berliner Stadtmission statt. Die über 40 Teilnehmer*innen aus den Mitgliedsorganisationen des Bundesforums diskutierten die rechtlichen und ökonomischen Rahmenbedingungen von Familienunterstützung, deren Umsetzung und identifizierten gemeinsam notwendige Schritte in Richtung einer flächendeckenden, ausfinanzierten und nachhaltigen Angebotsstruktur für Familien.

Neben den finanziellen Mitteln standen auch Ressourcen wie Personal und strukturelle Fragestellungen im Zentrum der Veranstaltung. Den Auftakt machte Dr. Till Nikolka (Deutsches Jugendinstitut), der zu kommunalen Finanzen und Angebote der Kinder- und Jugendhilfe referierte. Anschließend gab Dr. Laura Castiglioni (Deutsches Jugendinstitut) Aufschluss über die Frage nach gesetzlichen Rahmenbedingungen und Umsetzungspflichten, die sich durch das SGB VIII ergeben. Auf diesen Input aufbauend, wurden konkrete Umsetzungsbeispiele aus Thüringen (Dr. Stefanie Hammer | Thüringer Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie) und NRW (Christina Wieda (Universität Speyer / Bertelsmann Stiftung) vorgestellt. Am Nachmittag eröffnete Christina Wieda die Diskussion über kommunales Handeln vor dem Hintergrund der Kooperationsgesetze im Sozialgesetzbuch. In einer World-Café-Diskussion entwickelten die Teilnehmer*innen konkrete Ideen, wie Familienunterstützung strukturell und finanziell besser in Recht und Gesellschaft verankert werden könnte.

Impulsvortrag: „Kommunale Finanzen und Angebote der Kinder- und Jugendhilfe“

Dr. Till Nikolka vom Deutschen Jugendinstitut präsentierte Forschungsergebnisse zu kommunalen Finanzen und Angeboten der Kinder und Jugendhilfe (KJH). In die Untersuchung einbezogen waren Daten von öffentlichen Ausgaben der Verwaltungshaushalte anhand der Einnahmen- und Ausgaben-Statistik der KJH, Ausgaben aller öffentlicher Träger der KJH sowie Regionalkennzahlen der amtlichen Statistik (2015—2020). Diese Daten wurden jeweils anhand der Gesamtvolumina pro Einwohnerzahl auf der Ebene der Landkreise und kreisfreien Städte berechnet. Dr. Till Nikolka gab zu bedenken, dass Ausgaben von freien Trägern und Eigenfinanzierungen nicht in diesen Statistiken erfasst seien. Als Forschungsergebnis habe sich ein deutlicher Anstieg von Ausgaben über die Jahre gezeigt. Dieser sei unter anderem durch die Aufnahme vieler unbegleiteter geflüchteter Jugendlicher zu erklären. Ein weiteres Ergebnis seien die sehr stark variierenden Höhen der Ausgaben pro Einwohner*in. Die Forschungsergebnisse ließen erkennen, so unterstrich Dr. Till Nikolka, dass insgesamt nicht zu wenig Geld im System der KJH für Familien vorhanden sei. Finanzielle Ressourcen für Angebote der KJH seien jedoch in den Regionen sehr unterschiedlich verteilt. Beforscht wurden daher die kausalen Verbindungen zwischen kommunalen Strukturen und der Ausgestaltung der Finanzierung. Schlussfolgernd sei erkennbar: die Konkurrenz um Mittel und Ressourcen steige, je höher die Kommunen belastet seien. Das SGB II und die Hilfen zur Erziehung stünden in Konkurrenz um eine konstante Mittelversorgung. Dies erkläre sowohl die große Variation der einzelnen kommunalen Ausgaben bei den Hilfen zur Erziehung als auch den Anstieg der Mittelausgaben über die Zeit sowie die Varianzen auf der Bundes- und Landesebene. Entscheidend sei daher gewesen, bei der Ergebnisbewertung strukturelle Unterschiede der Kommunen, Kreise und kreisfreien Städte zu berücksichtigen. Insbesondere bei den Hilfen zur Erziehung sei der strukturelle Aufbau innerhalb der Kreise und die wahrgenommene Zuständigkeit der Jugendämter entscheidend.

Dr. Till Nikolka (DJI)

Einschränkend gab Dr. Till Nikolka zu bedenken, dass aufgrund der Datenlage bisher nur eine rein deskriptive Darstellung jedoch keine umfassende Analyse der Zusammenhänge möglich sei. So sei zum Beispiel in den amtlichen Statistiken der KJH keine Differenzierung der Mittelherkunft möglich. Eine interregionale Vergleichbarkeit sei daher nicht gegeben. Auch seien die Produktkataloge der KJH der einzelnen Kommunen sehr unterschiedlich. Eine Datenerweiterung sei geplant, die zukünftig die Jahresrechnungsstatistiken der Kommunen sowie die Personalstatistik der nicht-stationären Einrichtungen der KJH berücksichtige. Zukünftig müsse die Datenqualität jedoch verbessert werden, um u.a. einzelne Themen der Sozialarbeit oder Finanzierungsvariationen, etwa die Kofinanzierung von Angeboten durch die Familien selbst, einzeln zu erfassen und auszuwerten.

Diskussion

Das Fachforum diskutierte die Ergebnisse von Dr. Till Nikolka insbesondere im Hinblick auf die Freiwilligkeit und die verpflichtenden Leistungen der Kommunen sowie auf die Herausforderungen föderaler Strukturen. Als problematisch wurde erkannt, dass laut den Ergebnissen primär die präventiven Maßnahmen von Kürzungen betroffen seien, bei invasiven Maßnahmen hingegen die Ausgaben stiegen. In diesem Zusammenhang wurde gefordert, dass es sei wünschenswert sei, empirisch zu belegen, dass höhere Ausgaben im präventiven Bereich Ausgaben im invasiven Bereich auf lange Sicht mindern.

Wahlmöglichkeit und Umsetzungspflicht

Die Freiwilligkeit und Verpflichtung der Länder und Kommunen zur Finanzierung und Ausgestaltung familiärer Unterstützungsstrukturen war Thema im Beitrag von Dr. Laura Castiglioni. Sie stellte den gesetzlich bindenden Rahmen des Bundes im § 16, SGB VIII vor, dessen rechtliche Stellung sowie die Rolle der Länder bei der Umsetzung. Dr. Laura Castiglioni stellte heraus, dass der allgemeinen Förderung der Erziehung in Familien eine präventive Funktion zugeordnet sei. Die im Gesetzestext formulierte Konkretisierung der Erziehungshilfen begründeten dafür eine Verbindlichkeit (Sollpflicht). Rechtlich festgehalten sei ebenso in § 16, Abs. 1, dass die näheren Ausführungen durch das Landesrecht geregelt seien. Durch diese Kombination entstehe die Schwierigkeit, dass kein individueller Rechtsanspruch bestehe, der das Recht für Familien einklagbar machen würde. Die Rechtslage zeige weiterhin Überschneidungen der Paragrafen § 16 und § 17 des SGB V III, so dass es zu einem fließenden Übergang zwischen präventiven und invasiven Angeboten komme. Entscheidend sei daher, wie die Länder diese rechtliche Lage handhaben.

Wie es aussehen kann, wenn die Länder diese Ausgestaltungsmöglichkeiten nutzen, zeigten anschließend zwei länderspezifische Umsetzungsbeispiele:

1. Thüringen: Familienförderungssicherungsgesetz

Dr. Stefanie Hammer, Referentin für Familien- und Seniorenpolitik im Thüringer Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie stellte das Thüringer Familienförderungssicherungsgesetz (ThürFamFöSiG) vor. Das erste ThürFamFöSiG (2006) sei nach einem Paradigmenwechsel 2018 neu aufgestellt und nach einer Modellphase seit 2019 in Kraft. Ziel des neuen Gesetzes sei eine bedarfsgerechte, Demografie feste und beteiligungsorientierte Familienförderung. Die Reform sei durch den Koalitionsvertrag 2014 angestoßen und unter Beteiligung aller Akteure entwickelt worden.

Dr. Stefanie Hammer (TMASGFF)

Der Paradigmenwechsel sei vom Land Thüringen als notwendig erachtet worden, um auf gesellschaftliche Veränderungen (z.B. neue Familienformen, demografischer Wandel) zu reagieren. Ein nun genutzter inklusiver Familienbegriff werde auch älteren Menschen gerecht, die jetzt explizit als Bestandteil der Familien verstanden würden. Um auch den heterogenen Lebensbedingungen in Thüringen (starke Stadt-Land-Unterschiede) gerecht zu werden, sei auf der Grundlage des Familienförderungssicherungsgesetzes eine regionale und überregionale Trennung der Familienförderung sowie eine regionale und überregionale Sozialplanung eingesetzt worden. Eine Bedarfsermittlung habe Aufschluss über unterschiedliche soziale Lagen gegeben. Durch den überregionalen Landesfamilienförderplan sowie einem überregionalen Landesfamilienrat wird die Finanzierung und Steuerung der Familienförderung auf überregionaler Ebene gewährleistet. Das Landesprogramm „Solidarisches Zusammenleben der Generationen“ ist für die Steuerung auf regionaler Ebene zuständig. Damit werden Projekte auf Mikro-, Meso- und Makroebene finanziert; auch die Finanzierung freiwilliger Leistungen ist möglich. Zuwendungsempfänger sind Landkreise und kreisfreie Städte, welche die Mittel an die Träger weitergeben. Damit hat das Land die Steuerung der Ausgaben teilweise an die Kommunen abgegeben.
Erfolgsfaktoren des neuen Familienfördergesetzes, so Dr. Stefanie Hammer, seien insbesondere der politische Wille, die gesetzliche Festlegung der Fördersumme von 10 Millionen Euro sowie die Vorerfahrung im Bereich der Sozialplanung auf kommunaler Ebene durch die ESF-Förderungen. Als regionale erfolgreiche Formate nannte Dr. Stefanie Hammer Dorfkümmerer, Familienlotsen, mobile Familienzentren oder das Netzwerk Pflege.

2. NRW: Landesinitiative „Kein Kind zurücklassen

Als zweites länderspezifisches Umsetzungsbeispiel stellte Christina Wieda von der Universität Speyer die Landesinitiative „Kein Kind zurücklassen“ aus NRW vor. Ziel sei, den Aufbau kommunaler, ämter- und rechtskreisübergreifender Präventionsketten zu fördern. In der Perspektive „vom Kind aus gedacht“ sollen so entlang des Lebenslaufes eines Kindes Präventionsketten ohne Brüche entstehen. Bis 2020 wurde die Landesinitiative durch die Bertelsmann Stiftung in der Modellphase forschend begleitet. Hinter der Idee der Modellinitiative, kommunale Angebote ineinandergreifen zu lassen, stehe der Gedanke, das Bundes- und Landesebene entlastet würden, wenn Prävention funktioniere.
Als Ergebnis des Projekts zeigte sich die Notwendigkeit eines „Ankerpunkts“ für die unterschiedlichen Lebensphasen. Regelinstitutionen (Schule, Kita, Jugendeinrichtungen) spielten daher für das Gelingen eine große Rolle. Elternbefragungen bestätigten außerdem die Bedeutung von Vertrauenspersonen. Problem sei nach wie vor die Versäulung der Institutionen auf EU-, Bundes- und Länderebene, die europäische Förderprogramme leider oft noch verstärkt würden. Im Ergebnis zeige sich, so Christina Wieda, dass gerade eine frühzeitig datenbasierte, bedarfsorientierte Planung Prävention begünstige.

Diskussion zum Thema Finanzierungsmodelle

In der anschließenden Diskussion wurde die „Pflichtleistung“ des § 16 im SGB VIII, insbesondere aber dessen mangelnde Umsetzung kritisch hinterfragt und diskutiert. In Folge der Novellierung des SGB VIII sei es die Aufgabe der Kreise und öffentlichen Träger, eine sozialräumliche Bestandsaufnahme zu machen und anhand der Themen, wie in SGB V III § 16 benannt, ihre Angebote zu gestalten. Wichtig sei außerdem, dass die Förderung von Familien selbstverständlich sein sollte und nicht an Defiziten festgemacht werden dürfe. In diesem Zusammenhang wurde der Begriff „Prävention“ kritisch diskutiert, da dieser ein defizitäres Menschenbild reproduziere.
Als Umsetzungs-Barriere wurde erkannt, dass es keine oder zu wenig Anreize für Entscheidungsträger*innen gebe, die Maßnahmen umzusetzen. Präventive Effekte seien zu wenig sichtbar, um damit zum Beispiel Wahlkampf machen zu können. Um hier mehr Sichtbarkeit und damit Handlungsspielräume zu entwickeln, sei Forschung wichtig. Es wurde angeregt, dass das Deutsche Jugendinstitut sich stärker diesem Bereich zuwenden könnte. Letztlich sei aber für einen Paradigmenwechsel der Familienförderung vor allem ein entsprechender politischer Wille notwendig.

Impulsvortrag: „Von der Familie aus denken: Kommunales Handeln vor dem Hintergrund der Kooperationsgesetze im Sozialgesetzbuch (SGB)“

Christina Wieda stellte ihre Forschung am Lehrstuhl für Sozialrecht und Verwaltungswissenschaften der Universität Speyer vor. Ausgangspunkt war die Aufgabenstellung laut Sozialgesetzbuch: Es solle dafür sorgen, dass jedem Kind die gleiche Voraussetzung für die freie Entfaltung der Persönlichkeit geschaffen werde und die dafür nötigen Angebote rechtzeitig und ausreichend zur Verfügung stehen. Der Aufbau kommunaler, ämter- und rechtskreisübergreifender Präventionsketten entlang des Lebenslaufes eines Kindes seien dafür sinnvoll.

Hinsichtlich der Sozialgesetzgebung seien dafür die Rahmenbedingungen (Auskunfts-, Beratungs-, Hinwirkungs- und Kooperationspflichten) vorhanden und Präventionsketten damit sozialrechtlich gut verankert.
Kommunen seien im Sinne der freien Selbstverwaltung somit in der Lage, Gesetze umzusetzen. Ein Realitätscheck auf Grundlage des Berichts zur Kinderarmut und dessen Auswirkungen auf Teilhabe, Bildung, Wohlbefinden und Gesundheit zeige aber: hier gebe es Handlungsbedarf. Umsetzungsprobleme lägen im Föderalismus und in der Ausgestaltung des Verwaltungsrechts. Auch wenn ein Gleichbehandlungsgrundsatz bestehe, könne dieser nicht immer überall gleich wahrgenommen werden oder sei den Betroffenen nicht bekannt. Beispielsweise würden die Leistungen der Bildung und Teilhabe weniger in Anspruch genommen, als diese den Familien eigentlich zustünden.

World-Café

Im anschließenden World-Café diskutierten die Teilnehmer*innen des Fachforums an vier Tischen konkrete Schritte und Handlungsempfehlungen. Diese bezogen sich jeweils auf die vier Ebenen: Bundesebene, Landesebene, kommunale Ebene und freie Akteurs-Ebene.

World Cafe Kommunale Ebene
World Cafe Kommunale Ebene
World-Café 2
World-Café 2
World-Café 1
World-Café 1
World-Café 3
World-Café 3
World-Café 4
World-Café 4
World Cafe Landesebene
World Cafe Landesebene
World Cafe freie Akteure
World Cafe freie Akteure
World Cafe Bundesebene
World Cafe Bundesebene
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Abschlussdiskussion

„Was könnte direkt verändert werden?“, „Wer muss dafür aktiv werden?“ und „Was kann ich dafür tun?“ waren die einleitenden Fragen der Abschlussrunde, in der Elena Gußmann dazu einlud, die zuvor erarbeiteten Ideen zusammenzutragen. Als ein Ansatz wurde die Reformierung der föderalen Strukturen genannt, um zielgerichtet und ohne Reibungsverluste finanzieren zu können. Durch interkommunale Vernetzung, so ein weiterer Vorschlag, könnten sich Kommunen gegenseitig besser beraten und sich über gelingende Umsetzungspraktiken austauschen. Die Umverteilung von Finanzen sei jedoch ein zentraler Punkt, um strategisch anzusetzen: Konnexitätsprinzip und Kooperationsgebot wurden als wichtige Stichworte genannt, ebenso die Notwendigkeit eines Bundesrahmengesetzes und einer integrierten Sozialplanung. Inspiriert von den vorgestellten Familienfördergesetzen der Länder und deren positiven Effekten sowohl auf die strukturelle Fördersituation als auch auf die Sichtbarkeit von Familien auf politischer Ebene, wurde die Ausgestaltung eines Bundesfamilienfördergesetzes angedacht. Auf eine ganz andere Ebene zielte der Aufruf, mehr Aufmerksamkeit auf den Familienbegriff zu legen. Familie verwirkliche sich in einer Vielfalt von Erscheinungsformen und gehe durch viele verschiedene Lebensphasen (bspw. Pflegeaspekte), die zukünftig mehr in der Familienförderung berücksichtigt werden müssten. Familie solle neu gedacht, ihre Sichtbarkeit gestärkt werden. Familie als Verantwortungsgemeinschaft sei eine große, auch volkswirtschaftlich genutzte Ressource. Unbezahlte Sorgearbeit, die hauptsächlich immer noch von Frauen geleistet werde, sei weiterhin zu wenig berücksichtigt. Dies müsse sich in den politischen Entscheidungen widerspiegeln. Auch gelte es, die Wirtschaft mehr in die Verantwortung zu nehmen.

 

12. Juni 2024, Berlin: „Ohne Netz und doppelten Boden – Drahtseilakt Familie mit Pflegebedürftigen Kindern“ Fachtagung des Zukunftsforum Familie

Pflege betrifft über kurz oder lang alle – und findet weiterhin vor allem in Familien statt. Auf der Fachtagung soll das Licht auf einen blinden Fleck geworfen werden, denn eine Gruppe von Pflegenden wird häufig übersehen, steht aber besonderen Herausforderungen gegenüber: Familien mit pflegebedürftigen Kindern. Zudem hat diese Gruppe eine beachtliche Größe: Es gibt allein 160.000 pflegebedürftige Kinder in Deutschland. Eltern mit pflegebedürftigen Kindern und Jugendlichen stehen häufig vor der Aufgabe, nicht nur einige Jahre zu pflegen, sondern ein Leben lang besondere Verantwortung zu tragen – und das unter erschwerten Bedingungen. Weder die Unterstützungsangebote für Familien mit Kindern sind auf ihre besondere Situation zugeschnitten, noch passen sie mit ihren Bedarfen in das reguläre Pflegesystem, das vor allem auf die Altenpflege ausgerichtet ist.

Rahmenbedingungen, Leistungen und Rechtsansprüche sollen insgesamt auf den Prüfstand gestellt und gefragt werden, welche Verbesserungen Familien mit pflegebedürftigen Kindern benötigen.

Referent*innen sind unter anderem Mareice Kaiser (Journalistin und Autorin), Dr. Johannes Geyer (DIW Berlin), Svenja Pfahl (SowiTra), Jana Schuschke (wir pflegen e.V.), Dag Schölper (Bundesforum Männer).

Mehr Informationen finden Sie in Kürze auf der Website des Zunkunftsforum Familie.

 

04. Juni 2024, online: Impulsworkshop „Recht auf Klima!? Über die Einklagbarkeit von einem besseren Klimaschutz für Familien“

Familien haben ein Recht auf eine intakte natürliche Umwelt. Welche Gesetze legen dies fest, was sind „ökologische Kinderrechte“ und sind diese auch einklagbar? Was sind die Folgen daraus?  Die Veranstaltung will für die Beantwortung dieser Fragen zwei Schwerpunkte setzen:

In einem ersten Input von Nina Eschke und Sophie Funke (Deutsches Institut für Menschenrechte) wird der 2023 vom UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes formulierte General Comment 26 vorgestellt und diskutiert. Mit Berufung auf die UN-Kinderrechtskonvention, die von 196 Staaten ratifiziert wurde, kann aus der Perspektive der Kinder und Familien für mehr Klimaschutz argumentiert und auf die Verpflichtung der Staaten verwiesen werden. Was bedeutet dies in der politischen Praxis und wie beeinflussen die darin für Deutschland empfohlenen Maßnahmen die Lebensrealität von Familien?

Ein Impulsvortrag von Dr. Manuela Niehaus (Deutsche Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer, Lehrstuhl für Öffentliches Recht) zielt auf die Einklagbarkeit und der Wirksamkeit von „Klimaklagen“. Das Bundesverfassungsgerichts-Urteil im März 2021 wurde als bahnbrechendes Urteil gesehen. Auch die erfolgreiche Klage der Schweizer „Klimaseniorinnen“ gilt als Präzedenzfall, dem weitere folgen könnten. In ihm wird explizit die Familienperspektive erwähnt. Wie sind solche Urteile zu bewerten? Was kommt nach ihnen? Wo sind Handlungsmöglichkeiten, wenn ökologische Kinderrechte bzw. Klimaschutzgesetze zwar festgeschrieben, aber nicht umgesetzt werden? Wer kann klagen und welche Möglichkeiten gibt es für familienpolitische Verbände, sich zu beteiligen?

Impulsworkshop 10:00-12:00, online via Zoom.

Programm

Ab 09:50   Ankommen im digitalen Raum
10:00   Begrüßung und Einleitung
Elena Gußmann, Projektkoordination Bundesforum Familie
10:15   Der General Comment 26 in der politischen Praxis
Nina Eschke, Deutsches Institut für Menschenrechte, wissenschaftliche Mitarbeiterin Abteilung Menschenrechtspolitik International
Sophie Funke, Deutsches Institut für Menschenrechte, wissenschaftliche Mitarbeiterin Monitoring-Stelle UN-KRK
10:40   Verständnisfragen // Austausch in Breakout-Räumen
11:00   Einklagbarkeit und Wirksamkeit von „Klimaklagen“
Dr. Manuela Niehaus, Deutsche Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer, Lehrstuhl für Öffentliches Recht
11:25   Verständnisfragen // Austausch in Breakout-Räumen
11:40 Diskussion in großer Runde: Zusammenfassung & Ausblick
12:00
  Ende der Veranstaltung

Anmeldung

Die Teilnahme ist kostenfrei und den Mitgliedern des Bundesforums Familie vorbehalten. Bitte melden Sie sich zur Veranstaltung an. Die Anmeldefrist ist bereits verstrichen. Sollten Sie dennoch Interesse haben, schreiben Sie uns gerne an!

15. Mai 2024, Berlin: „Nachhaltige Männlichkeit – Was ist das?“ Fachtag und politischer Jahresempfang des Bundesforums Männer

Ob Gesundheit, Arbeit und Wirtschaftswachstum, Bildung, Klimaschutz oder Konsum – die 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen vereinen ökologische, soziale und ökonomische Dimensionen. Doch welche Rolle spielen dabei die Kategorien Geschlecht und Männlichkeit?

Im gegenwärtigen Diskurs wird – oft zurecht – auf negative Männlichkeitsnormen und klimaschädliche, Lebens- und Verhaltensweisen von Männern aufmerksam gemacht. Aus der Sicht des Bundesforums Familie darf die Diskussion hier jedoch nicht enden. Jetzt geht es darum, Alternativen zu entwickeln und nachhaltige, sorgsame Männlichkeit zu fördern. Nur so kann der Wandel hin zu einer nachhaltigen und klimafreundlichen Gesellschaft gelingen.  

Im Anschluss an den Fachtag richtet das bundesforum Männer seinen politischen Jahresempfang aus, zu dessen Anlass Bundesgleichstellungsministerin Lisa Paus ein Grußwort sprechen wird.

Mehr Informationen zum Programm sowie die Möglichkeit zur Anmeldung finden Sie auf der Website des Bundesforums Männer.

Fachforum am 14. März 2023: „Familienunterstützung verzahnen, verknüpfen, entsäulen: Potenziale und Ansätze aus der Familienbildung“

14.03.2023 | Im Rahmen des zweiten Fachforums der Themenperiode „Unterstützungsstrukturen für Familien – Wege zu wirksamen Angeboten“ kamen am 14. März 2023 knapp 50 Vertreter*innen aus den Mitgliedsorganisationen zusammen. Die Online-Veranstaltung thematisierte die Strukturen und Netzwerke von Familienunterstützung und fokussierte dabei insbesondere auf den Bereich der Familienbildung.

Wie wird Familienunterstützung organisiert? Welche Strukturen gibt es, die befördern oder verhindern, dass Angebote ineinandergreifen? Wie müssen Netzwerke strukturell gebaut sein, um Partizipation von Familien zu ermöglichen und Versorgungslücken zu schließen? Der Weg zu einer flächendeckend gelingenden Angebotslandschaft muss an den oft langfristig gewachsenen Strukturen ansetzen. Im System der unterstützenden Angebote spielt gerade die Familienbildung eine wichtige Rolle – historisch gesehen war es die Familienbildung, die stets auf neue gesellschaftliche Herausforderungen reagierte und so strukturelle Lücken auffangen konnte. Mit dieser Rolle gehen jedoch auch strukturelle Eigenheiten, Stärken und Schwächen einher. Das Fachforum hatte das Ziel, ausgehend von der aktuellen Lage der Familienbildung strukturelle Richtungsentscheidungen für familienunterstützende Angebote zu suchen. In einer Gesellschaft, in der sich sowohl Rahmenbedingungen als auch Ansprüche an Unterstützung dynamisch ändern, müssen Strukturen überdacht und angepasst werden.

Impulsvortrag: „Familienbildung – ein Modell für familienunterstützende Systeme?“

Anhand einer in Nordrhein-Westfalen durchgeführten Evaluation der Familienbildung ermöglichte Prof. Dr. Ute Müller-Giebeler (Technische Hochschule Köln) einen Einblick in das Arbeitsfeld und die aktuellen politischen Herausforderungen für die Familienbildung. Sie verdeutlichte, weshalb die Familienbildung ein weiblicher Arbeitsbereich sei und welche strukturell relevanten Konsequenzen sich daraus ergäben.

Die Familien und mit ihr die Familienbildung stehen laut Müller-Giebeler vor vielfältigen internen und externen Herausforderungen. Kritisch sei das Modernisierungsdefizit in der Familienbildung. Die Überzahl der kirchlichen Träger sei ein Indiz, dass sich die Trägerlandschaft nicht zusammen mit der Gesellschaft diversifiziere. Zudem stellten in der Personalstruktur erwerbstätige Mütter seit je her den größten Anteil. Aufgrund gesellschaftlicher Modernisierungsprozesse habe sich die Rolle der Frauen jedoch gewandelt, weshalb sich die Möglichkeiten, sich ‚nebenfamiliär‘ zu engagieren, reduzierten. Diese gleichstellungspolitisch positive Entwicklung zöge somit personelle Engpässe nach sich, die durch externe Krisen wie zum Beispiel der Pandemie und der Inflation zugespitzt würden.

Frau Müller-Giebeler betonte das breite Spektrum an Alltagsthemen, die durch die Angebote der Familienbildung abgebildet würden. Dies stehe jedoch angesichts von unzureichenden Mitteln häufig im Konflikt mit der geforderten Professionalisierung. So sei zwar angesichts der Vielfalt der Herausforderungen und Themen eine Professionalisierung notwendig. Andererseits zeige sich jedoch, dass Beziehungen und idealistisches Engagement für eine erfolgreiche unterstützende Familienbegleitung weitaus relevanter seien. Wichtig sei es daher, auch bei einer Zunahme der Professionalisierung, die Stärke des (historisch) gewachsenen niedrigschwelligen Zugangs sowohl von Anbietenden als auch Annehmenden nicht aufzugeben. Hierfür seien die Netzwerke in den Sozialraum gut geeignet.

Als eine der neuen politischen Herausforderungen skizzierte Müller-Giebeler, dass das Selbstverständnis der Familienbildung zunehmend in Frage gestellt würde. Seit den 2000er Jahren gäbe es vermehrte Aufmerksamkeit für die Familienbildung. Jedoch rücke die Familie zunehmend Produktionsstätte von Humankapital in den Fokus statt als Ort kritischer Aufklärung und Bildung. Dies sei nicht mit der ursprünglichen Auffassung der Familienbildung vereinbar.

Für die Familienbildung betonte sie folgende charakteristische Strukturmerkmale:

  • gute Netzwerkstrukturen in den Sozialraum
  • hoher Idealismus als Arbeits- und Motivationsfaktor
  • authentische Arbeitsweise nah am lebensweltlichen Geschehen
  • relativ wenig Professionalisierung und relativ wenig hauptberuflich Angestellte
  • historisch gewachsene Peer-to-Peer-Ansätze
  • hohes Vertrauen der Zielgruppen

Diskussion: „Neue Anforderungen an Familienbildung“

Im Anschluss diskutierte das Fachforum die genannten vielfältigen Ansätze der Familienbildung.
Vielversprechend und gleichzeitig kritisch wurde der Ansatz der Familienbildung als „dritter Sozialraum“ gesehen, da die Familienbildung nachweislich überwiegend von Familien der Mittelschicht genutzt werde. Entsprechend spiegele der Sozialraum der Familienbildung nicht die gesellschaftliche und familiäre Heterogenität wider. Gleiches gelte entsprechend für das Personal. Ungelöst bliebe daher auch die Frage nach einer heterogenen Trägerlandschaft: Wie kann die Trägerlandschaft diverser werden? Als größtes Problem wurden die prekären nebenberuflichen bzw. nebenfamiliären Arbeitsbedingungen in der Familienbildung diskutiert. Diese Form der Nebenberuflichkeit könne hier nur unter Bedingungen „echter Selbstständigkeit“ mit entsprechend hohen Honoraren erhalten werden.

Hinsichtlich des angesprochenen strukturellen Dilemmas der Familienbildung sei einerseits sei eine Spezialisierung notwendig, um sich den Bedürfnissen der Familien besser anzupassen. Andererseits sollten breite und niedrigschwellige Angebote bereitgestellt werden, die von im Sozialraum angebundenen und vernetzten Akteuren gestaltet werden. Angemerkt wurde, dass die Geschichte der Familienbildung zugleich auch eine Geschichte der Frauenbildung und Frauenselbstbildung sei. Dies sei eine große Stärke – informelle Bildung solle eine höhere Anerkennung bekommen.

Einigkeit bestand in der Forderung, dass in der Familienbildung die häufige prekäre Beschäftigung von Frauen beendet werden müsse. Auch die Rolle des Ehrenamts wurde diskutiert: Es sei problematisch, wenn staatliche Aufgaben an das Ehrenamt ausgelagert würden, ohne dafür gleichzeitig gute Voraussetzungen zu schaffen. In diesem Zusammenhang wurde geäußert, dass die Familienbildung mit der Ehrenamtlichkeit im Prinzip von Familien selbst finanziert würden: Schließlich sei davon auszugehen, dass ehrenamtliche Tätigkeit Frauen meist nur dann möglich sei, wenn sich ich auf einen „Ernährer der Familien“ stützen könnten.

Austausch in Kleingruppen: „Unausgeschöpfte Potenziale“

Im zweiten Teil des Fachforums vertieften die Teilnehmer*innen herausfordernde Aspekte der Familienbildung anhand vier verschiedener Themen: Netzwerkarbeit, Personalstruktur, Digitalisierung und gesetzliche Ausgestaltung. Ein- und angeleitet wurde der Austausch von Themenpatinnen aus den Mitgliedsorganisationen des Bundesforums Familie.

Arbeitsgruppe 1: „Kommunale Netzwerke“

Nach einer kurzen Eröffnung der Fragestellung durch Britta Kreuzer (LAG Soziale Brennpunkte Niedersachsen) diskutierte die Kleingruppe die Rolle der Sozialraumorientierung für die Angebotsstrukturen von Familienunterstützung sowie die Bedingungen guter Zusammenarbeit zwischen Akteuren auf kommunaler Ebene.

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Arbeitsgruppe 2: „Personalstruktur in der Familienbildung mit Blick auf den Gender-Aspekt“

Die Kleingruppe rekapitulierte nach einem einleitenden Impuls von Ulrike Stephan (eaf | evangelische arbeitsgemeinschaft familie), dass sich Familienbildung durch einen strukturell bedingten hohen Anteil von (fluktuierenden) Teilzeit- und Honorarkräften sowie Ehrenamt auszeichne.

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Arbeitsgruppe 3: „Digitalisierung“

Dr. Susanne Eggert (JFF | Institut für Medienpädagogik) leitete in die Diskussion mit der Frage ein, wie Digitalisierung sinnvoll strukturell in der Familienbildung verankert werden könnte.

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Arbeitsgruppe 4: „Gesetzliche Ausgestaltung“

Braucht es Nachbesserungen in den gesetzlichen Regelungen – wenn ja, welche? Wo sind konkrete Baustellen, woran wird gearbeitet? Sandra Clauß (Bundesarbeitsgemeinschaft Landesjugendämter) eröffnete die Diskussion mit einer generellen Einordnung der Lage der Familienbildung in Deutschland

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Abschlussdiskussion im Plenum

Abschließend wurde in großer Runde diskutiert, inwiefern Stärken der Familienbildung auch auf andere Bereiche der Familienunterstützung übertragbar seien. Diese Transferfrage offenbarte gleich zwei Herausforderungen: Erstens seien die sehr heterogenen Strukturen der Familienbildung – die diverse Trägerlandschaft, die länderspezifischen Umsetzungen, die verschiedenen lokalen Gegebenheiten – kaum zu überblicken. Dadurch würde die Suche nach generellen Aussagen oder Lösungsansätzen erschwert. Zweitens würde die Familienbildung durch historisch gewachsene Spezifika charakterisiert, die heute im Rahmen von sich verändernden Bedingungen und wachsenden Ansprüchen unter starkem Druck stünden. Deutlich wurde, dass gerade der Bereich der Familienbildung strukturell von gesellschaftlichen Verhältnissen – Familienmodell, Geschlechterrollen, Bildungsbegriff – abhängig ist. Dies sind Problematiken, die nicht allein durch Richtungsentscheidungen innerhalb der Institutionen aufgelöst werden können. Ein politischer gesamtgesellschaftlicher Diskurs ist ebenfalls dafür zwingend notwendig.

Impulsworkshop am 28. Februar 2023: „Wenn die Familien wüssten, was wir in unseren Projektanträgen über sie schreiben, würden sie nicht mehr kommen“

Berlin, 20.03.2023 | Sprache in der sozialen Arbeit mit Familien – darüber wurde in einem Impulsworkshop des Bundesforums Familie am 28. Februar gesprochen. Er schloss sich an das Fachforum „Ansprache & Werthaltungen in der Familienunterstützung“ vom 20. Oktober 2022 an. Welche Wirkung kann Sprache haben und wie kann die Arbeit mit und für Familien durch eine sensible Sprache erleichtert werden? Hierzu diskutierten knapp 40 Teilnehmende online mit dem Referenten Prof. Dr. Christian Philipp Nixdorf.

Zu den Teilnehmenden zählten neben Vertreter*innen aus den Mitgliedsorganisationen des Bundesforums Familie auch Studierende und Kolleg*innen von Christian Nixdorf. Nach der Begrüßung vergegenwärtigte Projektkoordinatorin Elena Gußmann den Ursprung der Idee zu diesem Workshop.

Einleitung: Sprache im Fokus

Der Impulsworkshop sei eine Ergänzung zum Fachforum Ansprache & Werthaltungen am 20. Oktober 2022, so Elena Gußmann. Hier war das Thema Sprache kaum thematisiert worden – zumindest nicht systematisch. Punktuell wurde das Thema jedoch gestreift: So habe die Referentin Elizaveta Khan vom Integrations-Haus Köln betont, dass ihr Team den Begriff „Integration“‘ zwar ablehnen würde, ihn aber dennoch zur Ansprache ihrer Zielgruppe verwendete. Der Effekt dieses Signalwortes „Integrationdas ist was für uns, hier werden wir gemeint, da gehen wir hin“ sei hier in der Abwägung wichtiger als die korrekte Bezeichnung dessen, was in dieser Einrichtung gelebt werde. Ebenso berichtete Elizaveta Khan von einem täglichen sprachlichen „Spagat“: Sie müssten in Berichten und Anträgen die Klient*innen als defizitär darstellen, weil für die Behebung akuter Missstände eher Gelder flössen als für Präventivangebote. Aus diesem „2-Sprachen“ bzw. „2-Adressat*innen-System“ stamme der zugegebenermaßen etwas lange Titel dieser Veranstaltung, in der die Sprache im Zentrum stehe.

Impulsvortrag: Sprache und deren Wirkung im Sozialwesen

Der Workshop begann mit einem Impulsvortrag von Christian Nixdorf. Als Sozialwissenschaftler, Organisationspädagoge und Sozialarbeiter unterrichtet er als Professor für Soziale Arbeit und Integrationsmanagement an der Hochschule der Wirtschaft für Management in Mannheim. Er ist Autor des Buches „Sprachverwendung im Jobcenter – Wenn Kunden keine Kunden sind“ (2020). Für einen Kommentar war Sandra Clauß vom Landesjugendamt Rheinland und dem Beirat des Bundesforums Familie eingeladen, bedauerlicherweise konnte sie jedoch aus gesundheitlichen Gründen nicht teilnehmen.

Der Titel des Vortrags von Christian Nixdorf lautete „Sprache und deren Wirkung im Sozialwesen“. Christian Nixdorf stellte zu Beginn die These auf, dass der Sprache im Sozialwesen eine herausragende Bedeutung zukomme. Sozialarbeitende seien darauf angewiesen, dass Klient*in­nen bereit sind, mit ihnen zu sprechen. Diese Bereitschaft werde durch die Art beeinflusst, wie mit und über Klient*innen gesprochen wird. Kleine Unterschiede im Formulieren könnten große Wirkung haben – im Positiven wie im Negativen.

Sozial schwach: Unwort oder nicht?

Christian Nixdorf stellte Aussagen aus dem Bereich der sozialen Arbeit zum Ausdruck „sozial schwach“ vor (s. Präsentation, Folie 5) und fragte die Teilnehmenden: Wie verstehen Sie diesen Ausdruck „sozial Schwache“? Die Teilnehmenden antworteten:

  • „Menschen mit wenig sozialer Kompetenz und Empathie“
  • „Menschen mit wenig Empowerment, die kommen mit ihrem Leben nicht klar, brauchen Hilfe; aber besser wäre es, Elon Musk als sozial schwach zu bezeichnen“
  • „Menschen, die nicht sozial kompetent sind und andere ausgrenzen“
  • „Menschen, die sich nicht sozial verhalten.“

Christian Nixdorf bestätigte diese Assoziationen, die auftreten, wenn insbesondere in den Medien Arme als „sozial Schwache“ bezeichnet würden. In der Soziologie jedoch sei der Begriff nicht abwertend, sondern neutral beschreibend gemeint. In der Netzwerkforschung beziehe sich soziale Schwäche nicht auf individuelles (Fehl)verhalten, sondern auf das Fehlen von Strukturen und Kontakten, mit denen man Interessen durchsetzen oder Gehör finden kann. Arme hätten genauso wie andere Menschen starke soziale Beziehungen in ihrem nahen Umfeld (Familie, Freundschaften), aber weniger an schwachen sozialen Beziehungen und losen Kontakten zu Personen, die ihnen bei der beruflichen Entwicklung oder anderen Herausforderungen hilfreich sein können (Anwält*innen, Universitätsangehörige, Führungskräfte usw.). Arme oder in diesem Sinne sozial schwache Menschen seien strukturell benachteiligt.

Die Rahmung unserer Worte macht den Unterschied

Christian Nixdorf nannte weitere Beispiele für Ausdrücke und Formulierungen, die je nach fachlichem Hintergrund oder Milieu unterschiedlich aufgefasst würden. Auf die divergenten Verständnisse von sprachlichen Ausdrücken zu achten, sei im Sozialwesen sehr wichtig, so Nixdorf, weil das Sozialwesen oft mit Menschen zu tun habe, die Abwertung erfahren oder psychisch krank sind. Sie seien daher in besonderem Maße auf Sprache sensibilisiert. Es mache z. B. einen Unterschied, ob man sagt „Frau S. ist hilflos“ oder „Frau S. benötigt viel Unterstützung.“ Der Ausdruck „Systemsprenger“ wecke Zerstörungsassoziationen, wo eher Hilfeassoziationen angebracht wären.

Warum Worte im Sozialwesen so wichtig sind. Folie.

Die Herausforderung hierbei bestehe darin, dass das Reden von einer Normalität nötig ist, um einen Vergleichsmaßstab zu haben – das impliziere aber auch, dass das, was dieser Normalität nicht entspricht, anormal (und behandlungsbedürftig) sei. Probleme sollten benannt werden, aber um negative Assoziationen insbesondere bei den Klient*innen zu vermeiden, sollte auf die Rahmung oder Einbettung (engl. Framing) geachtet werden.

Framing/Rahmung „bezeichnet den Effekt, dass ein und dieselbe inhaltliche Information vom Empfänger unterschiedlich aufgenommen wird, je nachdem, wie sie (z. B. positiv oder negativ) formuliert oder (mit unterschiedlichen Begleitinformationen) verknüpft wird.“ (Schubert & Klein 2020)

Beispiel: Soziales Netz oder soziale Hängematte? Bei „soziales Netz“ sei das Framing Absicherung, die Wirkung Neutralität oder Zufriedenheit. Bei „soziale Hängematte“ hingegen sei das Framing Ausnutzung, und die Reaktion Wut über die „Sozialschmarotzer*innen“.

Christian Nixdorf führte diverse Begrifflichkeiten an, die Handlungsweisen und Überzeugungen professioneller Sozialer Arbeit beschreiben, wie Lebensweltorientierung, Ressourcenorientierung, Empowerment, etc. Diese Begriffe seien positiv besetzt und würden die Fähigkeiten der Klient*innen betonen. In der Praxis spräche man in der Sozialen Arbeit aber oft negativ über Klient*innen – das sei jedoch keine Anklage, denn es gebe Gründe dafür, z. B. Anreize bei der Antragstellung.

Fazit: Sprachsensibilität erleichtert die Arbeit

Sozialpädagogisch angemessen sei es, achtsam zu reflektieren, was trotz der Probleme noch alles möglich wäre – und das sprachlich abzubilden. Sprachsensibilität bedeute nicht Selbstzensur. Der Vorwurf der Sprachpolizei verkenne, dass es etwas mit Wertschätzung zu tun habe, wie gesprochen wird. Sprachsensibel vorzugehen sei gerade im Sozialwesen hilfreich, weil viele Klient*innen sie in ihrem Leben sonst oft eher selten erfahren. Eine sprachsensible Rahmung bedeute keinesfalls, alles durch die rosarote Brille zu sehen und Probleme schönzureden oder zu leugnen. Aber eine wirksame Unterstützung sei kaum möglich, wenn unsere Sprache zu sehr problemgeprägt sei. Klient*innen helfe eine lösungsorientierte Rahmung, da diese Machbarkeitsassoziationen wecke.

Diskussion: Menschenrechte der Kund*innen

Im Anschluss diskutierte die Runde zunächst, ob der Ausdruck „Kund*in“ für Unterstützungsnehmer*innen adäquat sei. Diese benenne die Menschen richtig als als Inanspruchnehmer*innen von Leistungen. Christian Nixdorf wies darauf hin, dass die „Kund*innen“ nur leider die Leistung oft nicht ablehnen dürften und dieser Umstand in dem Begriff nicht abgebildet werde. Eine andere Teilnehmerin hielt den Ausdruck „Kunde/Kundin“ für schwierig, „Ratsuchende“ sei besser geeignet als „Klient*innen“. Auch von „ALG II“ statt von „Hartz IV“ zu sprechen, mache etwas mit den Menschen.

Wie lassen sich nicht nur Fachkräfte, sondern auch große Träger für diese sprachlich wirkmächtigen Feinheiten sensibilisieren? Christian Nixdorf schlug vor, mit gutem Beispiel voranzugehen und in Briefen und Gesprächen auf eine sensible Sprache hinzuweisen. In seiner Zeit im Jobcenter habe er Briefe an die Leitung geschrieben und damit eine Änderung der Begriffe in offiziellen Schreiben erwirkt. Elena Gußmann fragte, ob es einen Code of Conduct oder Leitfaden gebe, der zu empfehlen sei. Christian Nixdorf nannte den Sprachleitfaden der Bundesagentur für Arbeit.

Fazit der Diskussion: an vielen Stellen intervenieren

Aus der Runde wurde auf das Problem hingewiesen, dass Alleinerziehende in der meist verwendeten Sprache oft kaum vorkämen, sie würden nicht mitgedacht. Hier müsse es eine Änderung geben, besonders in der Politik. Eine angemessene Sprache müsse als Menschenrecht gelten. Vorgeschlagen wurde, dass die Runde einen Brief an die Politik und die Medien für mehr Selbstreflektivität in der Sprache im Sozialwesen formulieren solle. Die Soziale Arbeit müsse sich ebenfalls verändern, das wäre eher intern zu bewerkstelligen. Christian Nixdorf teilte die Einschätzung, dass hierin eine große Chance läge – es sei auch die Verantwortung der Verbände. Man müsse selbst – da, wo man ist – aktiv werden und nicht auf die Aktivität von Anderen warten.

Download: Prof. Dr. Christian Philipp Nixdorf: „Sprache und deren Wirkung im Sozialwesen“ (Präsentation, 28.02.2023)

04./05. September 2023, Hannover: „Hybride Familien? Familienbildung und -beratung digital“ Fachtagung des Deutschen Vereins

Fachtagung Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V.
„Hybride Familien? Familienbildung und – beratung digital“| 04. – 05. September 2023 | Ganztags | Wyndham Hannover Atrium | Karl Wiechert-Allee 68, Hannover

Digitale Angebote sind aus der Familienbildung und -beratung nicht mehr wegzudenken und werden spätestens seit der Corona-Pandemie verstärkt nachgefragt. Auch die Ergebnisse der Erhebung im Auftrag des Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zum Stand der Familienberatung in Deutschland verweisen auf die Notwendigkeit, diese Angebote auszubauen und auf die Chancen die damit verbunden sind, möglichst viele Familien zu erreichen. Der Deutsche Verein möchte auf einer Fachtagung verschiedene best practice Beispiele vorstellen und gemeinsam mit Fach- und Führungskräften aus den Bereichen Familienförderung, Familienbildung und Familienberatung über die Herausforderungen und Chancen solcher Angebote diskutieren.

Anmeldung bitte bis: 04.07.2023, 23:59 Uhr
Mehr Informationen auf der Website des Deutschen Vereins