23.-24. Oktober 2015, Berlin: „Atmende Lebensläufe – zeitpolitische Gestaltungsoptionen“ Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Zeitpolitik in Kooperation mit dem Deutschen Jugendinstitut

Kann unser soziales Leitbild berücksichtigen, dass Menschen nicht nur ihren Lebensunterhalt verdienen, sondern auch andere versorgen wollen oder müssen? Ja, dazu müssen allerdings die bestehenden rechtlichen und sozialpolitischen Rahmenbedingungen umgestellt werden: Sie dürfen den grundlegenden Wandel der Geschlechter-, Familien-, Generationen- und Arbeitsbeziehungen sowie der Lebensläufe nicht länger blockieren, sie müssen ihn achtsam – und teilweise korrigierend – unterstützen. Das geltende Arbeitsrecht ist – mehr noch als das Sozialrecht – über weite Strecken „familienblind“. Zwar setzt die Arbeitswelt ein erfolgreiches Familienleben voraus, gleichwohl werden Beschäftigte jedoch weitgehend als „Monaden“ behandelt. Sie sind aber nicht individuelle, von Sorgearbeit freie Arbeitnehmer, sondern stehen in einem familialen und weiteren sozialen Kontext. Das wird zu wenig berücksichtigt – kein Wunder also, dass die Sozialwissenschaft heute die „überforderte Generation“ und die „erschöpfte Familie“ diagnostiziert.

Denn die Alltagszeiten, die Lebens- und Erwerbsläufe beider Geschlechter geraten zunehmend unter Druck. Der strukturelle Wandel von der fordistischen Industriegesellschaft zur globalisierten Dienstleistungs- und Wissensgesellschaft schreitet fort: Arbeit, Mobilität und Kommunikation beschleunigen sich, Erwerbs- und Privatleben sind kaum mehr voneinander zu trennen, das Konkurrenzprinzip und die Märkte drängen die sozialen Beziehungen an den Rand. Dadurch ist die Sorge füreinander (Care) in der Krise. Care wird nicht nur in der Familie, sondern auch professionell und zivilgesellschaftlich erbracht; in der Familie aber ist sie eine zentrale Aufgabe. Dort sind Betreuung, Erziehung, Zuwendung, Pflege und materielle Versorgung zeitlich und energetisch knappe Ressourcen geworden und noch mehr ist es die Selbstsorge derer, die für andere sorgen sollen. Einzelne dieser Themen werden derzeit öffentlich verhandelt (Kita-Ausbau, zu niedrige Löhne für Care-Berufe, Pflegenotstand, Burnout etc.). Aber grundsätzliche Lösungen sind nicht in Sicht – zumal weder staatliche noch marktliche Angebote allein diese Krise umfassend lösen können.

Die Tagung geht einer neuen Konzeption von Lebens- und Erwerbsläufen nach: „Atmende Lebensläufe“ sollen den Menschen eine selbstbestimmte Erwerbsbiographie ermöglichen und dabei Care-Bedürfnissen (auch familialen Charakters) Zeit, Raum und Ressourcen geben. Wie kann eine geschlechtergerechte Neugestaltung des Verhältnisses von privater Sorgearbeit und Erwerbsarbeit in weiblichen und männlichen Erwerbsverläufen aussehen? An welche nationalen und internationalen Vorschläge und Erfahrungen kann angeknüpft werden? Wie weit führt der im 7. Familienbericht skizzierte Vorschlag der „Optionszeiten“, welche konkreten politischen Schritte zu ihrer Umsetzung wurden gemacht, welche sind noch zu konzipieren und umzusetzen?

Veranstaltungsflyer mit Programm zum Download

Kosten und Anmeldung
Kostenbeitrag (einschl. Mahlzeiten):
Mitglieder 40,- €; Nicht-Mitglieder 70,- €; ermäßigt 30,- €

Anmeldung mit diesem Formular bis zum 16. Oktober 2015.

Tagungsort
Hotel Aquino | Tagungszentrum der Katholischen Akademie
Seminarraum 3
Hannoversche Straße 5b | 10115 Berlin-Mitte

Kontakt
Prof. Dr. Dietrich Henckel | Geschäftsstelle der DGfZP
Technische Universität Berlin | FG Stadt- und Regionalökonomie, Sekr. B 4
Hardenbergstraße 40a | 10623 Berlin
email: d.henckel@zeitpolitik.de | Fax : 030 / 314 281 51