Kinder sind in unserer Gesellschaft schutzwürdige Mitglieder. Die Kinderkommission vertritt die Interessen der Kinder und Jugendlichen und setzt damit ein deutliches Zeichen. Dass Kinder sich auch direkt an ein parteiübergreifendes Gremium wenden können, ist beispielhaft für die praktische Umsetzung von demokratischen Werten wie Partizipation und Teilhabe. Die Mitglieder der Kinderkommission sind: (v.l.) Diana Golze (Die Linke), Ekin Deligöz (Bündnis 90/Die Grünen), Michaela Noll (CDU/CSU), Marlene Rupprecht (SPD) und Miriam Gruß (FDP) (© DBT).
Interview mit Diana Golze, MdB
Warum hat die Kinderkommission die Schirmherrschaft übernommen?
Die Kinderkommission hat den Anspruch, Kinder als ganzen Menschen zu betrachten. Kinder sind für uns keine kleinen Erwachsenen, sondern ganze Persönlichkeiten, die gefördert und unterstützt werden müssen. Sie gehören zu den schwächsten Mitgliedern dieser Gesellschaft und brauchen die Unterstützung von Erwachsenen. Und deshalb unterstützen wir alle Initiativen und Projekte, die darauf hinauslaufen, Kinder zu fördern und zu befähigen, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen und zu gestalten. Und dabei natürlich auch die Eltern und das Lebensumfeld der Kinder mit einbeziehen. Und genau das ist der Ansatz des Projektes „Kinder brauchen Werte – Bündnisinitiative: Verantwortung Erziehung“ des Bundesforums Familie. Wie können wir zum Einen diejenigen befähigen, die mit Kindern umgehen, sie erziehen und bilden und wie können wir diese Bildungsangebote so gestalten, dass die Eltern und Kinder – die ganze Familie – etwas davon haben. Deshalb ist es für die Kinderkommission eine große Freude, in diese Bündnisinitiative mit einbezogen zu werden und wir haben sehr gerne die Schirmherrschaft übernommen.
Warum sind Ihrer Meinung nach Werte wichtig?
Kinder brauchen Werte, um sich zu orientieren. Es wird oft gesagt, dass wir in einer Gesellschaft, in einer Zeit leben, in der ein Werteverfall vorherrscht. Ich aber glaube, genau das macht es den Kindern so schwer, in ihrer Umwelt zu recht zu kommen. Sie brauchen Werte wie Toleranz und Solidarität, um sich überhaupt in dieser Gesellschaft zurecht zu finden. Man muss Kindern zeigen, wo Möglichkeiten bestehen. Und besonders hinsichtlich Toleranz und Demokratie bestehen Möglichkeiten, sich in dieser Gesellschaft zu orientieren und Perspektiven für die eigene Zukunft zu entwickeln. Kindern Werte zu vermitteln gehört für mich zur Erziehung, zu einem menschlichen Miteinander, dazu.
Wo sehen Sie Defizite und Unsicherheiten im Umgang mit dem Thema unter denen am Erziehungsprozess beteiligten Personen?
Dieses Thema hat ganz viele Facetten. Wenn z.B. Eltern seit Jahren zu hause sind, keiner Erwerbstätigkeit nachgehen und Kinder miterleben, dass ihre Eltern keinen geregelten Tagesablauf haben, zu Ämtern gehen und frustiert nach hause kommen, ihre sozialen Kontakte einschränken – dann merken Kinder, die Eltern sind verunsichert, haben kein starkes Selbstwertgefühl und können dies eben auch schwer an Kinder weitergeben. Das ist ein Problem und führt zu einer großen Verunsicherung bei der Vermittlung von Werten. Andere Probleme kommen sicherlich hinzu. Menschen, die im Arbeitsprozess stehen und dort starkem Druck ausgesetzt sind, vermitteln auch an die Kinder ein Gefühl des Ausgeliefertseins, des sich nicht frei entfalten könnens. Hier spielen ganz viele Facetten eine Rolle und deshalb bedarf es immer wieder einer beratenden Dritten Funktion, einer dritten Person, die das für die Kinder ein bisschen ordnet. Sagt, was normal ist, dass es bestimmte Dinge gibt, die man nicht ändern kann und man daher lernen muss, mit diesem Druck und dieser Unsicherheit umzugehen. Aber auch bestimmte Probleme überwinden lernen kann, um sich aus bestimmten Kreisläufen zu befreien. Kindern von Erwerbslosen fällt es sehr schwer, sich aus dieser Spirale zu befreien und deshalb bedarf es beratender Instanzen, die Kinder zur Seite stehen, sie vielleicht auch an die Hand nehmen und eine Funktion ersetzen, die die Eltern nicht mehr leisten können.
Welcher Ihnen als Kind vorgelebte Wert ist Ihnen heute noch wertvoll?
Ich bin in einem Dreiweiber-Haushalt aufgewachsen – drei Generationen Frauen. Meine Oma, meine Mutti und ich. Und habe dabei sehr früh gelernt, innerhalb der Familie zusammenzuhalten, aber auch mich nach außen hin durchzusetzen. Davon profitiere ich noch heute. Ich musste früh selbstständig werden, weil meine Mutti und Oma gearbeitet haben. Aber ich habe auch gemerkt, dass es nichts schlimmes ist, meinen Schultag und meine Freizeit selber zu gestalten. Im Rückblick habe ich keine schlechten Erinnerungen an meine Kindheit, nur deshalb, weil ich viel alleine war. Ich habe mir vielmehr diese Zeit selber strukturiert und organisiert. Und dies ist ein Wert, den man an Kinder weitergeben kann: Nehmt Eure Möglichkeiten in die Hand, gestaltet euer Leben von Anfang an!